Bahnhof Pankow: SEV und Radverkehr

Die Busse des Ersatzverkehrs blockieren die Radspur.

Der Bereich um den Bahnhof Pankow ist ein Knotenpunkt zwischen Individualverkehr und ÖPNV. Besonders schwierig ist es im Herbst 2017 mit wiederholtem Schienenersatzverkehr (SEV).

30.9. bis 16.10. – Tram 50 Radler-Blockade aufgehoben

Vom 30. September bis 16. Oktober wurde der Radweg für den SEV der Linie 50 kurzerhand blockiert. Nach Protesten wurde die SEV-Haltestelle auf die normale Haltestelleninsel verlegt – und das funktionierte. Nachzulesen in diesem Gesprächsfaden bei Twitter.

25. bis 28.10. und 1. bis 4.11. – Tram M1 und 50 – Weitgehend unproblematisches Nebeneinander

Vom 25. bis 28. Oktober fahren die Straßenbahnen M1 und 50 nicht durch die Berliner Straße. Der Ersatzverkehr Richtung Norden hält am Bahnhof Pankow an der „normalen“ Haltestelleninsel; der Radverkehr ist dadurch überhaupt nicht betroffen. Richtung Süden hält der Ersatzverkehr kurz vor der Florastraße in der Parkbucht; weil die Busse nicht richtig einparken können, blockieren sie den Radstreifen (siehe in der Karte unten die Markierung 4). Für drei Tage Ersatzverkehr ist das hinzunehmen. Von Falschparkern blockierte SEV-Haltestelle. Die SEV-Haltestellen sind häufig auch von Falschparkern blockiert. SEV-Bus hält auf Radstreifen. Die Busse des Ersatzverkehrs blockieren die Radspur und Radfahrende müssen weit in die Fahrspur ausweichen. SEV-Bus hält auf Fahrbahn Einige Busse fahren nicht in die Haltestelle und halten direkt auf der Fahrbahn.

Der Ersatzverkehr in der Folgewoche vom 1. bis 4. November beginnt eigentlich erst an der Kirche Pankow, betrifft also nicht die Situation am Bahnhof. Auch im Streckenverlauf der M1 gibt es nur wenige Berührungspunkte zwischen SEV und Radstreifen. Allerdings enden die Busse am Bahnhof Pankow vor der Florastraße in der Parkbucht; weil die Busse nicht richtig einparken können, blockieren sie ebenso kurzzeitig den Radstreifen.

Pankow Kirche: Erzwungener Konflikt mit Fußverkehr

Bus hält auf Radstreifen, schmaler Gehweg mit Z240 Auf Höhe der Haltestelle müssen Radfahrende nun auf einem “gemeinsamen” Geh- und Radweg weiterfahren.

Völlig schleierhaft ist, was sich die Verantwortlichen an der Haltestelle Pankow Kirche gedacht haben. Entweder benutzen die Radfahrer weiterhin (jetzt regelwidrig) den Radstreifen mit der üblichen Rücksichtnahme auf die Fahrgäste. Oder sie lassen sich (wie das Zeichen 240 „benutzungspflichtiger Geh- und Radweg“ eigentlich vorschreibt) auf den schmalen, mit Fahrgästen und Fußgängern überfüllten Gehweg zwingen und müssen die Rolle des Buhmanns für verkehrte Verkehrsregelung übernehmen.

Detail gelbmarkierte Gehwegauffahrt Ab auf den Gehweg!

Bus hält links der Radspur Die Busse der Linie 255 haben „ihre“ Haltestelle bereits hinter sich.

Der Ärger geht in die Verlängerung: Der SEV ist vorbei, aber die Bauarbeiten konnten wegen falsch gelieferter Schienen nicht rechtzeitig abgeschlossen werden. Bis Freitag, den 10. November werden Radfahrer weiterhin in den Konflikt mit Fußgängern gezwungen.

Endlich ist die dritte Verlängerung abgepfiffen: Seit dem 14. November ist die Baustelle fertig und abgeräumt, die widersinnige Beschilderung und Markierungen sind ebenso entfernt wie die gemeinsamen Ampeln für Fußgänger und Radfahrer.

6.11. bis 4.12 – S-Bahnen S2 und S8 – Friedliche Koexistenz oder erzwungenes Gegeneinander?

Die S-Bahnen S2/S8 entfallen von Pankow aus ab 6. November für vier Wochen. (Ursprünglich sollte ab 30. Oktober für über sechs Wochen gesperrt werden; das hat sich geändert.) Der SEV dafür wird die Verkehrssituation erheblich verschärfen – auch mit Auswirkung auf den Radverkehr.

(Die Linienführung und die Lage der Haltestellen für den SEV hat mir Herr Speier von der Deutschen Bahn ausführlich erläutert und begründet. Zur Verkehrsregelung im Detail verwies er auf die VLB. Die VLB prüft seit dem 20. Oktober meine Anfrage zu den Details sowie zu möglichen weiteren Beeinträchtigungen und bittet um etwas Geduld. Die folgende Darstellung enthält deshalb neben den Fakten weiterhin Vermutungen und mögliche Varianten. Aktuellere Informationen habe ich nicht von der VLB bekommen, sondern nur aus der Beschilderung „vor Ort“ abgeleitet.)

Linienführung

Der SEV wird von der S-Bahn wie folgt organisiert:

  • S2 Expressbus verkehrt ohne Zwischenhalt zwischen Pankow und Karow direkt über die Autobahn A114.
  • S2 Lokalbus und S8 verkehren von Pankow über Pankow-Heinersdorf und zwei Haltestellen in der Pasewalker Straße (zum Bus 150/154 als Ersatz für S-Bhf. Blankenburg) nach Karow bzw. Mühlenbeck-Mönchmühle (und weiter bis Birkenwerder).

Auf diesen Strecken des SEV wird der Radverkehr durch die Busse nicht stärker beeinflusst als durch den motorisierten Verkehr sowieso. Allerdings wird der S2-Expressbus durch die gleichzeitigen Bauarbeiten auf der A114 zwangsläufig in den Rückstau geraten. (Es gibt sogar Anregungen, auf der A114 eine Busspur zu markieren; aber bei der bekannten Disziplinlosigkeit unter Berliner Verkehrsteilnehmern würde diese Spur vermutlich ignoriert.)

Abfahrt der Busse am Bahnhof Pankow

Umständlicher werden Start und Ziel der Busse am S-/U-Bahnhof Pankow.

Die Busse starten an der Ecke Berliner Straße / Granitzstraße. Die Fahrgäste werden vom S-Bahnhof mit Wegweisern und vielleicht auch mit „Fußstapfen“ zur Ampel an dieser Ecke gelotst. Eine Reihe der Wegweiser wirken etwas klein; aber das kann sich innerhalb weniger Tage einspielen.

  • S2 Expressbus – Abfahrt in der Granitzstraße an der vorhandenen Bus-Haltestelle (Markierung 1 in der Karte)
  • S2 Lokalbus und S8 – Abfahrt in der Berliner Straße an einer neuen Bus-Haltestelle (Markierung 2 in der Karte). Diese Haltestelle gab es auch bei früheren Bauarbeiten; sie soll künftig dauerhaft von Bus 107/155 genutzt werden.

An beiden Stellen wird es die üblichen Probleme zwischen Radlern und Bus-Fahrgästen an Haltestellen geben: Die einen wollen auf dem (nicht benutzungspflichtigen) Radweg vorwärts kommen; die anderen benötigen den Fußweg als Wartebereich und müssen den Radweg queren, um in die Busse zu gelangen.

Wegen der zusätzlichen SEV-Fahrgäste wird sich das Problem verschärfen; aber die Verkehrsführung von Radweg, Fußweg und Bus-Zugang sollte klar genug sein, sodass die gegenseitige Rücksichtnahme ausreichen dürfte.

(Nach Erfahrungen mit Maßnahmen der VLB gegen den Radverkehr an Baustellen habe ich sicherheitshalber gefragt, ob der Radverkehr an diesen Haltestellen in irgendeiner Hinsicht eingeschränkt werden soll und ggf. wie und warum – Antwort Fehlanzeige.)

Ankunft der Busse am Bahnhof Pankow

Wirklich ärgerlich werden die Endstellen der Busse.

Eine theoretische Variante, nämlich die Mitbenutzung der BVG-Haltestellen, lässt sich nicht verwirklichen. Zum einen hat der Verkehr in den letzten Jahren stark zugenommen, sodass die Haltestellen schon längst überlastet sind; zum anderen können die Ersatzbusse der S-Bahn (anders als Busse und Bahnen der BVG) an den Haltestellen kein Signal für „Freie Fahrt“ anfordern.

  • S2 Expressbus – Ankunft in der Berliner Straße in Richtung Norden zwischen Florastraße und Hadlichstraße am Fahrbahnrand (Markierung 3 in der Karte). An dieser Stelle beeinflussen die aussteigenden Fahrgäste den Radverkehr.

Radfahrende werden mit gelber Markierung auf den Gehweg geführt, damit die Fahrgäste aus dem SEV problemlos aussteigen können. Grundsätzlich könnte diese Maßnahme an dieser Stelle aus diesem Anlass akzeptabel sein. Ob es zu anderen Problemen führt (Querung der Fahrgäste, Warten an der Fußgängerampel, zu enge Kurven), kann erst die Praxis zeigen.

Bilder und verständnislose Kommentare enthält dieser Gesprächsfaden bei Twitter.

  • S2 Lokalbus und S8 – Ursprünglich sollten die Busse in der Berliner Straße vor der Florastraße enden (Markierung 4 in der Karte). Möglicherweise nach den Stau-Erfahrungen mit dem Tram-SEV – siehe oben die Fotos – wurde das geändert; jetzt gilt folgende Regelung:
  • S2 Lokalbus und S8 – Ankunft in der Berliner Straße in Richtung Süden zwischen Florastraße und Granitzstraße vor dem „Seiteneingang“ des Bahnhofs (Markierung 5 in der Karte).

An dieser Stelle treffen zwangsläufig alle Verkehrsströme aufeinander: auf dem Gehweg die Fahrgäste von S-Bahn, U-Bahn, Tram und Bus sowie Kunden der DHL-Packstation und der Geschäfte im U-Bahnhof; auf dem (benutzungspflichtigen) Radweg die Nutzer der wichtigsten Verbindung von Pankow in Richtung Innenstadt (Schönhauser Allee); auf der Fahrbahn Stau auch von der Florastraße aus Richtung Granitzstraße.

Hinzu kommen jetzt die Umsteiger von der S-Bahn zum SEV. Mit der Ersatzhaltestelle an dieser Stelle war zusätzliches Durcheinander zu befürchten, weil Radfahrer mit gelber Markierung und Beschilderung ebenfalls auf den (zeitweise übervollen) Gehweg gezwungen werden.

Aber welche Überraschung: Der gesunde Menschenverstand ignoriert den erzwungenen Konflikt. Die Radfahrer benutzen weiterhin den Radweg. Nur ganz vereinzelt achtet jemand nicht auf aussteigende Fahrgäste, oder eine Fußgängerin nutzt den Radweg.

Als ADFC ist es uns wichtig, dass alle Verkehrsteilnehmer die Regeln beachten. Aber an dieser Stelle hat die VLB (eine Abteilung der Verkehrsverwaltung) die Missachtung der Regeln provoziert, indem sie die praktischen Notwendigkeiten falsch eingeschätzt und Gesprächsangebote und Nachfragen aus der Praxis von Radfahrern ignoriert hat. Sie sollte deshalb schnellstens die Konsequenzen ziehen und an beiden Endstellen die unpassende Markierung und Beschilderung durch geeignete Hinweisschilder ersetzen – z.B. ein weiteres Haltestellenschild am Anfang des Bereichs und aufgemalte Schilder „Achtung, Fußgänger“.

Zusammenfassung

Die schwierige Verkehrssituation um den Bahnhof Pankow wird durch den SEV für S2/S8 weiter verschärft. Bei gutem Willen aller Beteiligten sollten alle Verkehrsteilnehmer ohne Weiteres nebeneinander und miteinander auskommen können. Die gegenseitige Rücksichtnahme ist durch § 1 StVO vorgegeben und sollte auch jetzt ausreichen. Aber die Maßnahmen der VLB (Pankow Kirche seit 1. November und teilweise beim SEV für die S-Bahn) lassen am guten Willen zweifeln.

Bitte habt als Radfahrer trotzdem Verständnis für die Fahrgäste des SEV, die wegen deutlich längerer Fahrzeit sowieso im Stress sind; nach vier Wochen ist es (hoffentlich) vorbei.

Jürgen Thomas