Deutschlands erstes Radgesetz: Wichtige Etappe abgeschlossen

Gemeinsames Pressegespräch der Dialoggruppe am 6. April

Bei der Erstellung des Radgesetzes als drittem Teil des Mobilitätsgesetzes wurde die erste wichtige Etappe abgeschlossen. Nach zwölf mehrstündigen Verhandlungssitzungen einigte sich die Dialoggruppe auf einen gemeinsamen Vorschlag für Eckpunkte des Radgesetzes. Die Eckpunkte wurden am 6. April bei einem gemeinsamen Pressegespräch der Öffentlichkeit vorgestellt.

Um rechtliche Hürden zu vermeiden, das Gesetz nicht zu überfrachten und neue Themen aufnehmen zu können, verständigte sich die Gruppe darauf, neben dem Gesetz mit dem Radverkehrsrahmenplan ein weiteres Instrument zu schaffen und zu diskutieren. Der Radverkehrsrahmenplan soll die rechtlich verbindliche Grundlage für einen durch die Senatsverwaltung zu erarbeitenden Radverkehrsplan sein, der die konkrete Netzplanung sowie die detaillierteren Maßnahmen und Zeitpläne enthält. Durch die Erweiterung des Dialogs um den Radverkehrsrahmenplan wurde der Umfang der Themen und Inhalte, über die sich der Dialog verständigen will, deutlich vergrößert. Mit der Regelung der Radverkehrsplanung in einem Gesetz und dem zusätzlichen Instrument des Radverkehrsrahmenplans wird erstmals eine hohe Verbindlichkeit beim Ausbau der Radinfrastruktur erreicht.

Frank Masurat aus dem ADFC-Landesvorstand: “Ein Riesenschritt, um mehr Menschen aufs Rad zu bringen.”

Das weitere Vorgehen:

Die Eckpunkte werden in den kommenden Wochen zu einem so genannten Referentenentwurf ausformuliert, der im Mai von der Dialoggruppe abgenommen wird. Der Gesetzentwurf wird anschließend das normale Gesetzgebungsverfahren durchlaufen und durch den Senat und die Fraktionen feinjustiert werden. Darüber hinaus wird sich der Dialog Radgesetz in weiteren Sitzungen im Mai den Inhalten des Radverkehrsrahmenplans widmen. Ziel ist, das Gesetz im Oktober dieses Jahres im Abgeordnetenhaus zur Abstimmung zu bringen.

Die vorläufigen Eckpunkte:

Das Land Berlin wird sich der Vision Zero verpflichten. Das bedeutet, die Maßnahmen nach dem Gesetz dienen dem Ziel, die Zahl der getöteten und schwer verletzten Verkehrsteilnehmer auf null zu senken. Dies soll unter anderem durch sichere und komfortable Radverkehrsanlagen an den Hauptstraßen und die Umgestaltung von Knotenpunkten nach klaren Kriterien erfolgen. Dabei soll auch die subjektive Perspektive, also die „gefühlte Sicherheit“, einbezogen werden.

Die Dialoggruppe sieht klare Modal Split Ziele für den Radverkehr vor. Dazu soll das Land Berlin bis 2025 den Anteil des Radverkehrs an allen Wegen auf mindestens 30 Prozent innerhalb der Umweltzone und im Land Berlin auf mindestens 20 Prozent steigern.

Für ein sicheres und komfortables Radfahren ist ein lückenloses Netz an Radverkehrsinfrastruktur unerlässlich. Daher soll ein Radverkehrsnetz geschaffen werden, das schnelle, bequeme und sichere Verbindungen für Radfahrende ermöglicht. Das Radverkehrsnetz wird ausgehend von der bestehenden Planung für ein Haupt- und Ergänzungsroutennetz weiterentwickelt und qualifiziert. Das Radverkehrsnetz soll Radverkehrsanlagen an allen Hauptverkehrsstraßen mit Fahrrad- und Nebenstraßen sowie 100 Kilometern Radschnellwegen verbinden. Die Radverkehrsanlagen an Hauptstraßen sollen wo möglich als geschützte Radstreifen gebaut werden. Besonders wichtige Verbindungen werden als Vorrangnetz ausgewiesen, das prioritär ausgebaut werden soll und in dem der Radverkehr bevorzugt beschleunigt wird.

Für den Umstieg auf das Fahrrad ist neben einer sicheren Infrastruktur auf der Straße auch die Frage sicherer Abstellmöglichkeiten essentiell. Daher wurden konkrete Ausbaukorridore für die Fahrradabstellanlagen im öffentlichen Raum, an ÖPNV-Knotenpunkten und der Bau von Fahrradparkhäusern verabredet. Bis 2025 sollen 100.000 zusätzliche Radabstellmöglichkeiten entstehen.

Die Eckpunkte umfassen 15 Seiten und befinden sich in der Abstimmung mit den Fraktionen, dem Senat, dem Volksentscheid, dem ADFC Berlin und dem BUND. Sobald daraus ein abgestimmter Gesetzentwurf entstanden ist, wird dieser der Öffentlichkeit vorgestellt.

Zitate von Dialogbeteiligten:

Frank Masurat, Vorstand ADFC Berlin: Durch das Mobilitätsgesetz stehen wir auf dem Weg zu einem durchgehenden, engmaschigen Radverkehrsnetz in Berlin vor einem Durchbruch. Moderne, ausreichend breite Radverkehrsanlagen an allen Hauptverkehrsstraßen, das bedeutet: ganz gleich ob ortskundiger Einheimischer oder Gast, routinierter Vielfahrer oder Anfänger – jeder kommt in Berlin sicher und komfortabel mit dem Fahrrad ans Ziel. Ein Riesenschritt, um mehr Menschen aufs Rad zu bringen.

Regine Günther, Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: Immer mehr Menschen nutzen das Fahrrad für ihre täglichen Wege. Sie fordern zu Recht, dass Radfahren sicherer und bequemer wird. Der Dialog Radgesetz zeigt: Senat und Koalition gehen neue Wege, um diese Forderung umzusetzen. Erstmals wurden gemeinsam mit der Zivilgesellschaft und den Fraktionen Eckpunkte für ein Radgesetz erarbeitet, indem der Ausbau der Radinfrastruktur verbindlich festgeschrieben wird.

Heinrich Strößenreuther, Initiative Volksentscheid Fahrrad: Mit 100.000 Unterschriften als Mandat haben wir ein gemeinsames, noch weitreichenderes Radgesetz erarbeitet. Gemeinsam mit Politik, Senat und Verbänden haben wir vom Autoverkehr geschützte Radwege, Ausbauziele und Qualitäten verhandelt – für Berlin, für bessere Luft und mehr Klimaschutz. Wenn das Gesetz beschlossen sein wird, geht unsere Arbeit weiter: Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die jährlich geplanten 51 Millionen Euro ab 2019 auch tatsächlich verbaut werden, damit wir in zehn Jahren sicher und entspannt durch Berlin radeln können.

Andreas Kugler, SPD-Fraktion, stellvertretender Fraktionsvorsitzender: Natürlich wollen wir als SPD, dass Berlin ein kluges Verkehrskonzept für alle Teilnehmer hat, bei dem vor allem auch der ÖPNV funktioniert. Deswegen arbeiten wir auch intensiv an neuen Fahrradkonzepten mit. Eines ist aber klar: die anderen Verkehrsteilnehmer dürfen dabei nicht unter die Räder kommen.

Harald Wolf, Fraktion Die Linke, verkehrspolitischer Sprecher: Mit dem Radgesetz wird ein überfälliger Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik eingeleitet: für eine Gleichberechtigung aller Verkehrsträger im Straßenraum, eine ökologische und stadtverträgliche Mobilität und weniger Schadstoffbelastung. Das Radgesetz wird einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Berliner Klimaziele leisten. Die vorgesehenen Maßnahmen reduzieren die Konflikte zwischen den Verkehrsteilnehmer*innen, die Verkehrssicherheit wird erhöht und die Unfallzahlen reduziert. Damit gewinnen alle.

Tilmann Heuser, BUND, Geschäftsführer: Mit der Einbindung in das Mobilitätsgesetz werden die vereinbarten verbindlichen Ziele für den Radverkehr in eine zukunftsorientierte Handlungsstrategie für ebenso dringliche Verbesserungen für den Fußverkehr und den ÖPNV integriert. Mit deren Umsetzung wird nicht nur die Mobilität für die Berlinerinnen und Berliner in der wachsenden Stadt gesichert, sondern auch die Umwelt- und Lebensqualität entscheidend erhöht.

Stefan Gelbhaar, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, verkehrspolitischer Sprecher: Mit dem Radgesetz wird ein weiterer Teil des Koalitionsvertrages umgesetzt – in Zusammenarbeit mit dem Volksentscheid Fahrrad. Bundesweit gibt es nichts Vergleichbares. Die verbindliche Fixierung von Fahrradstraßen, Radschnellwegen und sicheren Radstreifen an Hauptstraßen unterstreichen die Ziele des Projektes „Fahrradstadt Berlin“. Der Gewinn an Sicherheit, konsequenter Klimaschutz und gerechtere Teilhabe an der Stadt werden eines bewirken: Der Fahrradverkehr wächst – künftig auch wegen der Politik des Senats.