Zwischen-Fazit

An den vorderen Stellen der Ursachen für Radunfälle stehen „Fehler beim Abbiegen“ von Kraftfahrern sowie „Benutzung der falschen Fahrbahn“ durch Radfahrer. Diese Fakten sind seit der Auswertung von Radunfällen durch die Polizei Berlin aus dem Jahr 1987 bekannt und wurden damals in der Tagespresse intensiv diskutiert. Das heutige Unfallgeschehen ist in seiner Struktur nahezu unverändert.

Auf das Verhalten der Kraftfahrer beim Abbiegen wird bei Verkehrskontrollen durch die Polizei kaum Augenmerk gelegt, obwohl dieses Fehlverhalten insgesamt bei allen Verkehrsunfällen doppelt so viele Unfälle verursacht, wie jedes andere Fehlverhalten.

Bei Kontrollen des Radverkehrs steht nach wie vor die Beleuchtung und das Fahren über „Rot“ im Vordergrund, obwohl diese Unfallursachen einen Anteil von wenigen Prozent an den Radunfällen haben. Die „Benutzung der falschen Fahrbahn“ ist das Haupt-Fehlverhalten von Radfahrern.

Die Auswertung der Unfallzahlen zeigt, dass es einen Unterschied zwischen den häufig diskutierten Fehlverhalten von Radfahrern und den Haupt-Unfallursachen für Radunfälle besteht. Die zukünftige Verkehrssicherheitsarbeit muss sich zuerst an den Haupt-Unfallursachen aus der Polizeilichen Unfallstatistik orientieren und nicht am häufig diskutierten Fehlverhalten von Radfahrern, soweit dieses nur nachrangig zu Unfällen führt.

Die zeitliche Entwicklung der Unfallursachen muss dabei im Blick behalten werden. „Fehler beim Abbiegen“ durch Kraftfahrer ist die Hauptursache von Verkehrsunfällen allgemein, die Hauptursache von Radunfällen und nimmt als Ursache von Radunfällen seit Jahren zu. Eine Trendumkehr kann hier nur einsetzen, wenn Verhaltensänderungen bei Kraftfahrern erreicht werden. Zudem müssen die Verkehrsanlagen so gestaltet werden, dass sie diesem Fehlverhalten als Unfallursache stark entgegenwirken.

Berliner Verkehrsplaner haben auch nach Erscheinen des Unfallberichtes der Berliner Polizei im Jahr 1987 weiterhin Hochbordradwege geplant und realisiert, obwohl sich diese Verkehrsanlage als unfallträchtig erwiesen hat. Häufig sind auch in neuen Verkehrsanlagen Sichtbehinderungen durch parkende Kfz oder durch Bäume und Sträucher vorhanden. Damit werden unnötige Konflikte zwischen Radfahrern und Kraftfahrern geschaffen und Unfälle verursacht. Bei zunehmendem Radverkehr wird zudem absehbar, dass Kraftfahrer kaum noch abbiegen können, da der geradeaus fahrende Radverkehr auf Hochbordradwegen Vorrang hat.

Hier müssen Konzepte nicht neu erfunden werden. In Ländern wie Dänemark und insbesondere den Niederlanden sind die Radunfälle auf beispielhaft niedrigem Niveau. Dort sind Konzepte für sichere Verkehrsanlagen vorhanden, durchgängig umgesetzt und deren Funktion in langjähriger Praxis nachgewiesen. Diese Konzepte gehen in der Qualität und Sicherheit über die deutschen Regelwerke hinaus (wie beispielsweise die ERA 2010), wobei selbst der Standard nach ERA 2010 in Berlin in der Fläche kaum umgesetzt ist.

Investitionen in neue Verkehrsanlagen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit finanzieren sich selbst. Durch Verkehrsunfälle entsteht allein in Berlin jährlich ein Schaden von 1,22 Mrd. € (Quelle: Verkehrssicherheitslage 2013, Polizei Berlin).