Radunfälle mit Lkw verhindern! Das muss die Politik tun

Die Hauptverursacher von Radunfällen mit Todesfolge sind Berufskraftfahrer in schweren Lkw. Was kann die Politik tun, um Radunfälle mit Lkw zu verhindern?

Abbiegefehler von Kraftfahrenden sind ohnehin die häufigste Ursache von Unfällen. Rechtsabbiegende Lkw sind die Hauptverursacher von Radunfällen mit Todesfolge; 2016 sind sechs Radfahrende in Berlin auf diese Weise ums Leben gekommen, 2017 waren es vier Obwohl die Unfallursachen seit Jahrzehnten bekannt sind unternimmt die Politik zu wenig, um Radfahrende zu schützen.

Forderungen an die Politik

Wie kann die Politik verhindern, dass weitere Radfahrende von abbiegenden Lkw überfahren und getötet werden? Einige Maßnahmen müssen auf Bundes-/EU-Ebene ergriffen werden. In anderen Fällen kann und muss die Berliner Politik tätig werden.

Maßnahmen auf Landesebene

  • Höhere Kontrolldichte und Kontrollqualität des Lkw-Verkehrs in Berlin durch die Polizei: Schwerpunktkontrollen der Polizei zeigen immer wieder, dass ein Teil der Lkw Mängel an sicherheitsrelevanten Teilen aufweist. Auch sind wichtige Spiegel oft nicht korrekt eingestellt. Deshalb muss die Polizei laufend Kontrollen von Abbiegeverhalten, ordnungsgemäßer Spiegeleinstellung und Bremsen durchführen und das Falschparken an Kreuzungen ahnden, um die wichtigen Sichtbereiche freizuhalten. Erforderlich sind auch Schulungen der Polizei zu Lkw-Kontrollen. Erforderlich ist das entsprechend qualifizierte Personal bei der Polizei.
  • Intensive Aufklärung und Schulung der Lkw-Fahrer über Gefahren beim Abbiegen und richtige Einstellung der Spiegel. Der ADFC Berlin fordert eine verpflichtende Schulung pro Jahr, deren Einhaltung auch überprüft wird.
  • Schaffung von mehr Spiegeleinstellplätzen (z.B. auf Werkshöfen, Raststätten oder Betrieben). Dort müssen Lkw-Führende vor Fahrtantritt ihrer Pflicht nachkommen, die Spiegel korrekt einzustellen.
  • Sofern bei schweren Unfällen an Berliner Kreuzungen offensichtlich bekannte Infrastrukturprobleme (z.B. fehlende Sichtbeziehungen,zweispuriges Abbiegen) eine Rolle spielen, muss umgehend geprüft werden, wieso diese Probleme am Unfallort unbemerkt bleiben konnten. Außerdem müssen ähnliche Unfallgefahren auch an anderen Kreuzungen zeitnah beseitigt werden.
  • Reduktion des Schwerlastverkehrs (§ 45 Abs. 1 StVO) in der Stadt über ein intelligentes Logistikkonzept, inklusive der Umverteilung auf Lastenräder.
  • Getrennte LSA-Signalisierung von Kfz und Radfahrenden bei zweispurigem Abbiegen, „Voraus-Grün“ für Radfahrer an allen anderen Kreuzungen.
  • Die Unfallkommission, die sich in Berlin mit dem Umbau von Unfallschwerpunkten befasst, muss mit mehr Personal ausgestattet werden. Unfall-Kreuzungen mit Schwerverletzten und Getöteten müssen ganz oben auf der Agenda der Unfallkommission stehen, um komplexere Probleme aufzudecken und ähnliche Unfälle in Zukunft zu verhindern.

Maßnahmen auf Bundes-/EU-Ebene

  • Elektronische Warnsysteme können den Lkw-Fahrer warnen, wenn sich ein Radfahrer oder Fußgänger beim Abbiegen neben dem Lastwagen befindet.
  • Lkw-Abbiegeassistent können den Lkw automatisch stoppen. Der ADFC fordert, diese Entwicklungen schnellstmöglich zur Serienreife zu bringen und zur Pflichtausstattung in Lkw zu machen. Von der Weiterentwicklung der Fahrzeugtechnik profitierten in den letzten Jahren vor allem Fahrzeuginsassen, nicht aber Radfahrende (siehe auch Pressemitteilung des ADFC-Bundesverbands vom September 2016 und die ADFC Forderungen zur Fahrzeugtechnik).
  • Tiefgezogene Windschutz- und Seitenscheiben können Radfahrende vor und neben dem Lkw für den Fahrer sichtbarer machen.

Der ADFC Berlin fordert den Senat auf, die Maßnahmen auf Landesebene in der aktuellen Legislaturperiode umzusetzen. Gleichzeitig muss sich Berlin für die genannten Maßnahmen auf Bundesebene einsetzen. Sie reihen sich ein in die Gesamtforderungen des ADFC das Radfahren in ganz Berlin komfortabel und sicher zu machen.

Mahnwache am Unfallort in Neukölln, wo am 28. November 2016 eine Radfahrerin von einem Lkw getötet wurde

Zur Mahnung und zum Gedenken schloss ADFC-Vorstand Evan Vosberg ein Geisterrad an.