Reinickendorfer Industrieradtour II 02.04.2022 (Bericht) Bergbau und Propeller

Am 02.04.2022 setzte sich die industriehistorische Radtour durch Reinickendorf fort. “Bergbau und Propeller” war das Motto der Tour.

In Wilhelmsruh trafen sich 25 Radler. Nach ein paar Worten und Blicken zu den Bahnanlagen einschließlich Hinweisen zum Bau der Heidekrautbahn ging es zum Gelände von Bergmann-Borsig. Hier wurden bereits um 1900 elektrische Anlagen gefertigt, und um 1920 auch die ersten Elektro-Fahrzeugen. Heute befindet sich hier die Bahnfertigung von Stadler, aber auch General Electric führt die Tradition der Fertigung von Elektrogeräten weiter. Der Name von Borsig wurde übrigens 1947 hinzugefügt: im Ost-West-Konflikt bot man Arbeitern von Borsig einen Arbeitsplatz im sowjetisch besetzten Pankow. Die Maschinen im Borsigwerk in Tegel, im französisch besetzten Teil, waren bereits abgebaut als Reparationsleistung. Ein imposantes Backsteingebäude, gelegen in einer Kleingartenkolonie unmittelbar an der Bahnstrecke, war der nächste Halt. Dies war das Verwaltungsgebäude einer weiteren Eisfabrik. Hier waren Eisteiche angelegt, die dach Aufgabe der Fabrik mit Aushub aus Berlin aufgefüllt wurden. In der Blockadezeit buddelte man wieder: es wurden Kohle-Vorkommen vermutet, deren Ausbeutung sich aber nicht rentierte.

Das heutige Märkische Viertel steht auf den ehemaligen Peckwischwiesen. Auf dem Gelände war die Errichtung eines großen Nordhafens vorgesehen, um die Industrialisierung nördlich von Berlin voranzubringen. Der Hafen sollte Kanalanschlüsse nach Tegel und Köpenick erhalten, aber aus den Plänen wurde nichts. Als Vorläufer wurde aber der Nordgraben errichtet: er leitet Regen- und Hochwasser des Barnims direkt in den Tegeler See (und die Havel) ab, und soll so Überflutungen von Panke (und Spree) in Berlin verhindern.

Entlang der Heidekrautbahn ging es dann zur Industriebahn, und der ehemalige Güterbahnhof Lübars wurde aufgesucht. Die Industriebahn von 1907 war der nächste Versuch, die Industrieansiedlung voranzutreiben. Der Bahnhof ist aufgegeben, aber noch gut erkennbar.

Ein erfolgreicheres Bergbauunternehmen war der Abbau von Ton und die Herstellung von Ziegeln: in der Beneckendorffstraße in Lübars kann noch das Kantinengebäude der Ziegelei besichtigt werden. Die Abbaugrube ist noch heute vorhanden: das Freibad Lübars. Was die Lübarser konnten, machten die Hermsdorfer nach: auch dort entstand eine Tonziegelei, deren imposantes Verwaltungsgebäude einen Besuch wert ist. Hermsdorf bietet an Industrie-architektur aber auch Reste eines eigenen Gaswerkes: man wollte sich bei der Gasherstellung vom Werk in Tegel unabhängig machen. Von der ältesten Industrie, der Wassermühle am Tegeler Fließ, ist nur noch das mehrfach überformte Gebäude vorhanden.

Lübars und Hermsdorf sind alte Dörfer, Waidmannslust hingegen wurde planmäßig angelegt. Neben Wohnsiedlungen wurden auch Flächen für Industrie ausgewiesen. In dem waldreichen Gebiet waren Holzverarbeitung und Tischlerei naheliegend. In der Düsterhauptstraße sind die Fertigungshallen für Propeller zu besichtigen. Nach dem Krieg machte der Hersteller dann wieder mit Möbelbau weiter. Und auch hier belebte Konkurrenz das Geschäft: ein weiterer Hersteller für Propeller war wenige Grundstücke weiter angesiedelt.

Den Abschluss bildete das große Industriegelände am Oraniendamm/Waidmannsluster Damm. Angefangen mit der Gaslampenfabrik Budweg wurden später Transformatoren der Firma Volta hergestellt. Die Werkhallen und Verwaltungsgebäude sind heute unterschiedlich nachgenutzt.

Die Radtouren “verbinden” die unterschiedlichen Industriestandorte in Reinickendorf. Innerhalb der Standorte lassen sich ausführliche Spaziergänge zu den einzelnen Objekten machen. Hierzu wird auf die Website des BB-WA verwiesen: dort findet man weiterführende Informationen sowie Flyer und Beschreibungen zu den Touren.

(Text: Carsten Schulz)