Empörung über CDU-Ablehnung der Te-Damm-Radstreifen

Fahrradgefährdung auf dem Te-Damm

Die Radstreifen auf dem Tempelhofer Damm werden endlich eingerichtet, nachdem jahrzehntelang mit deren Fehlen gegen Vorschriften verstoßen wurde. Die Ablehnung der Radstreifen, wie in der Pressemitteilung der CDU-Fraktion auf ihrer Internetseite nachzulesen, hat deshalb große Empörung ausgelöst. Hier lassen wir einige unserer Mitglieder zu Worte kommen:

Birgit:

Um unserer Verantwortung für die nächsten Generationen gerecht zu werden, müssen wir auch den MIV (motorisierten Individualverkehr) massiv reduzieren, v. a. in Großstädten. 300 Parkplätze sind nur ein sehr, sehr kleiner Beitrag, dennoch ein sehr wichtiger.

David:

Ich fordere Daniel Dittmar mal auf, mal morgens im Berufsverkehr den Bezirk Tempelhof von Süden nach Norden mit dem Fahrrad zu durchqueren. Gerne auch auf den “Fahrradnebenrouten”, wenn er welche findet. Wenn er das ohne Angstschweiß, und ohne unerlaubt auf den Gehweg auszuweichen, schafft, können wir weiterreden.

Der “massive Eingriff in die Verkehrssituation Tempelhofs” ist die Allgegenwart (und Zunahme) der PKWs im Bezirk. Morgens alle Straßen zugestaut. Auf Gehwegen ist an vielen Stellen das Parken zulässig, vorankommen z.B. mit Kinderwagen oder Kinderfahrrädern vielerorts deswegen sehr eingeschränkt. Radfahrende Schulkinder auf Gehwegen gefährden sich selbst und andere, aber es wird sich kaum jemand trauen, sie auf die Straße zu verweisen. Neulich sprach eine Autofahrerin meinen (10-jährigen) Sohn auf der Straße an und forderte ihn auf, auf dem Gehweg zu fahren. Das ist die Mentalität im Bezirk, die auch die CDU reflektiert: in Tempelhof hat man ohne Auto nichts verloren.

Margret:

Wieder einmal macht mich das “C” im Namen der CDU nachdenklich. Bisher dachte ich immer, “christliche” Nächstenliebe gilt für alle – gleichermaßen für Radfahrende, zu Fußgehende und Autofahrende – da habe ich mich wohl getäuscht! Kann es sein, dass es für die CDU im Straßenverkehr Menschen erster und zweiter Klasse gibt? Die in der ersten Klasse gut geschützt in ihren gegen Unfall gut gepolsterten Wagen, und die Radfahrenden in der zweiten Klasse diesen schutzlos ausgesetzt? Herr Dittmar, ist das noch christlich? Und ganz weltlich ausgedrückt: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Nur Autofahrende sind “gleicher”?? Herr Dittmar, ist das so für Sie? Es könnte so schön sein auf Berlins Straßen – mehr gesicherte Radwege, die immer mehr Menschen Mut macht, auf das Rad umzusteigen. Dadurch weniger Staus, bessere Luft, weniger Lärm und mehr Freude beim Flanieren.

Bernhard:

Die ADFC Stadtteilgruppe Tempelhof begrüßt, dass endlich nach langer Planungsphase dieses Jahr Radwege auf dem Tempelhofer Damm eingerichtet werden. Damit wird die Einkaufsstraße sicherer, lebendiger und lebenswerter werden. Die Geschäfte werden von der Lebendigkeit profitieren. Es wird weniger Lärm und Abgasbelastung geben. Die Feinstaubbelastung wird sinken. Wir freuen uns auf die Aufwertung unseres Kiezes.

Henry:

Die CDU verweist in ihrer Pressemitteilung auf die von ihr geforderte Parkraumbewirtschaftung im Friedenauer Norden. Warum es ein Entweder-Oder geben soll, bleibt unklar. Wir sind für ein Sowohl-als-auch und unterstützen die CDU beim Friedenauer Vorhaben. Durch eine Parkraumbewirtschaftung lässt sich der Autoverkehr reduzieren, sodass auch hier durch dieses Mittel der Radverkehr insgesamt sicherer wird.

Detlef:

Die CDU fordert die Möglichkeit, die Nebenrouten statt des Te-Damms für das Radfahren zu nutzen. Das steht im Widerspruch zu den “Richtlinien zur Anlage von Stadtstraßen” (RASt 06: 5.2.11 Verbindungsstraße (ab 800 Kfz/h): Radverkehrsführung soll auf Radverkehrsanlagen erfolgen) und den “Empfehlungen für Radverkehrsanlagen” (ERA2010). Der Senat hatte außerdem die Bezirke beauftragt, die Nebenrouten bis 2012 fertigzustellen. Schon aus dem Umstand, dass sie noch immer nicht fertiggestellt sind, kann man erkennen, dass sich die CDU-Fraktion und ihr damaliger Stadtrat sich nicht dafür eingesetzt haben. Die CDU-Bewertung stellt sich also als Unfähigkeit heraus, Verkehrspolitik zu überblicken.

Mechtild

Ich bin schon sehr irritiert über die Ansichten der CDU zu den lange beschlossenen und dringend nötigen sicheren Radspuren auf dem Tempelhofer Damm! Irritiert zum einen, dass der Wegfall von Parkplätzen zugunsten von Radinfrastruktur auf einer hochfrequentierten Straße mitten durch ein Wohn- und Einkaufsgebiet unseres Bezirks, als unnötig angesehen wird. Wo bleibt da die gleiche Behandlung für alle Nutzer*innen von öffentlichem Straßenraum? Und zudem irritiert, dass just mit fast Beginn der konkreten Umsetzung der Radspuren die CDU Fraktion Tempelhof-Schöneberg das Projekt derart in Mißkredit bringen möchte und vielleicht hat sie dabei vergessen, dass aus den eigenen Reihen, 2017 der Verkehrspolitische Sprecher Oliver Friederici, Parkverbote in Nord-und Südrichtung vorschlug zugunsten von Fahrradspuren. Tempelhofer Büger*innen lassen sich die Verbesserung der Aufenthalts- und Lebensqualität durch Verringerung des motorisierten Verkehrs nicht madig lassen und kämpfen weiterhin für die Umsetzung der Radspuren bis Herbst diesen Jahres.

Stefan:

CDU sagt Radfahrenden: “bitte draußen bleiben” – geht’s noch? Jetzt, wo Radfahrenden das Zentrum Tempelhofs mit seinen wichtigen Zielen wie Rathaus, Bibliothek und diversen Einkaufsmöglichkeiten am Tempelhofer Damm endlich sicher zugänglich gemacht werden wird, polemisiert die lokale CDU dagegen. Und das obwohl sie dem Radverkehrsversuch auf Basis eines Einwohnerantrags von über 2.000 Bürgern 2017 im Bezirksparlament zugestimmt hatte. Als wenn das nicht schon genug wäre, bedient sie sich hierfür falscher Zahlen und unzutreffender Behauptungen:

  • Es sind 209 gratis-Autoparkplätze statt der behaupteten “ca. 300”
  • Übrigens: die drei Parkhäuser mit ihren 930 Stellplätzen sind nicht einmal zur Hälfte belegt, es stehen also regelmäßig mehr als 400 ungenutzte Stellplätze zur Verfügung.
  • Wer wie behauptet dem Einzelhandel helfen will, muss den Tempelhofer Damm von einer Transitstrecke für zehntausende motorisierte Fahrzeuge täglich zu einer Einkaufsstraße mit Aufenthaltsqualität zum Verweilen machen!
  • Richtig ist vielmehr: Den Tempelhofer Damm für Radfahrende zu öffnen wird sich rechnen, denn Radfahrende sind treue Kunden, die den Geschäften in der Summe mehr Einnahmen als motorisierte Pendler bescheren, wie zahlreiche Studien zeigen.

Zugespitzt trifft die CDU in der Abwägung ‘sicherer Verkehr – oder gratis Parken’ die Entscheidung klar für Letzteres. Das ist weder modern noch fortschrittlich, es ist klimaschädlich und menschenfeindlich. Wir vom ADFC Tempelhof sagen: ALLE Menschen sollen sicher von A nach B kommen! Vorrang für den Umweltverbund aus Bussen und Bahnen sowie Rad- und Fußverkehr! Sicherer Radverkehr muss am Tempelhofer Damm erst noch ermöglicht werden. Achja, seit Jahrzehnten fehlen durchgängige und sichere Radverkehrsverbindungen durch den Bezirk Tempelhof.

Ralf:

Ausgangslage: Am Tempelhofer Damm zwischen Alt-Tempelhof und Ullsteinstraße gibt es natürlich pro Fahrtrichtung einen Fußgängerweg und 2 Fahrspuren für den motorisierten Verkehr. Allerdings gibt es keinen Fahrstreifen für den Radverkehr !

Laut Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg wird dieses eklatante Versäumnis Damm im Rahmen des ‘Verkehrsversuchs Tempelhofer Damm’, durch das Einrichten eines geschützten Radfahrstreifens pro Fahrtrichtung am Tempelhofer 2021 behoben. Hierbei fallen Längsparkplätze für Fahrzeuge auf Basis der in der Stadt üblichen, fehlenden Platzreserve für alle Fahrzeuge, wenn auch um ca. ein Drittel weniger als von der CDU kolportiert, weg. Ein Flächenverlust für den ruhenden! motorisierten Verkehr zugunsten des Fahrradverkehrs, der ein erster Schritt in Richtung Flächengerechtigkeit im Berliner Straßenverkehr darstellt und zu einem, gern von der CDU begrifflich genutzten ‘einvernehmliches Miteinander der verschiedenen Verkehrsarten’ führen kann. Umso mehr verwundert es, dass die CDU Tempelhof Schöneberg nicht die Notwendigkeit sieht. Fahrzeuge im Sinne der STVO sind allerdings auch Fahrräder. Folglich ist nicht alleinig der motorisierte Verkehr betroffen, sondern es fällt auch die Möglichkeit (zukünftig sicher vermehrt insbesondere von Bikesharing-Anbietern genutzt) weg rechtskonform Fahrräder auf der Straße abzustellen. Ein Verlust für Fahrradfahrende, der gerne zugunsten der Sicherheit in Kauf genommen wird.

Erschrocken kann der Bürger über die wissentliche Ignoranz der CDU TS gegenüber aktuellen Untersuchungen zur Umsatzsteigerungen im Einzelhandel in Verbindung mit der Schaffung einer Fahrradinfrastruktur sein. So lässt der/die Fahrradfahrende pro Einkauf tatsächlich weniger Geld im Laden. Allerdings liegt die Anzahl der Käufe von Fahrradfahrenden höher als die der mit dem PKW Kommenden. In der Summe lässt der/die Fahradfahrende mehr Geld im Einzelhandel. Ein Umsatzplus, das dem stetig wachsenden Umsatzschwund und dem zunehmenden Ladenleerstand am Tempelhofer entgegenwirken kann. Die Schaffung einer Fahrradinfrastruktur am Tempelhofer Damm ist eine Chance für den Einzelhandel und kein von der CDU kolportierte “Tiefschlag für den gebeutelten Handel am Te-Damm”

Die Verkehrsart, die, wenn man auch längere Strecken in der Stadt berücksichtigt, das größte Potential hat die Stadt in eine klimagerechte und die Gesundheit der Bürger erhaltene Version ihrer selbst zu transformieren, ist der Fahrradverkehr.

Die Gesellschaft sollte zurecht dauerhaft für universelle Werte, wie z.B. die körperliche Unversehrtheit, vehement eintreten. Diese gilt es zu bewahren. Allerdings tut jede gesellschaftliche Gruppierung, auch eine konservativ agierende Partei, wie die CDU gut daran, ihre Agenda immer wieder auf den Prüfstand zu schicken. Insbesondere wenn sich tradierte, veraltete (Verkehrs-)Konzepte aufgrund der wachsenden wissenschaftlicher Datenlage im Saldo für die Bürger als schädlich demaskieren.