Radverkehr in Reinickendorf: Wie geht es weiter?

PolitikerInnen (fast) aller Parteien folgten am So.13.06.2021 der Einladung des ADFCs Reinickendorf zu einer Diskussionsrunde in Waidmannslust. Nachdem das Grünflächenamt die Veranstaltung auf dem Dianaplatz untersagt hatte, musste die Begegnung kurzfristig auf das Gartengelände der Königin-Luise-Kirche ausweichen. Großer Dank an dieser Stelle der Gemeinde, die uns vorbildlich unterstützt hat.

Den Auftakt bildete eine etwa 10 Km lange Radtour durch die Ortsteile Reinickendorf, Tegel, Hermsdorf und Waidmannslust. In zwei Gruppen machten sich die PolitikerInnen unter Leitung je eines/r ADFC-Aktiven auf. So konnten sie sich selbst ein Bild vom schlechten Zustand der Reinickendorfer Radverkehrsinfrastruktur machen. Wobei die meisten der Teilnehmenden selbst häufig das Rad nutzen und die Probleme kannten.

Rund 40 Personen hatten sich bei eher kühlem Wetter in dem großzügigen Garten mit Blick auf eine schöne Kulisse versammelt, als pünktlich um 14:30h die Veranstaltung startete. Nach einem kurzen Abriss zur Geschichte der Königin-Luise-Kirche, vorgetragen von einem Vertreter der Gemeinde und Aktivem in der Waidmannsluster Bürgerinitiative, folgte eine knappe Vorstellungsrunde aller Diskussionsteilnehmenden, ehe der Moderator die Diskussion eröffnete.

In der ersten Fragerunde wurde die Berliner Straße in Tegel thematisiert. Diese 6-spurige Straße besitzt auf weiten Teilen keine Radwege und die vorhandenen sind baufällig und marode. Auf dem Abschnitt zwischen Veitstraße und Karolinenstraße sind zwei der sechs Spuren stets zugeparkt. Hier sind Radfahrende dem teilweise eng überholenden Autoverkehr ausgesetzt. Zudem sind die Bürgersteige der Einkaufsstraße auch für den Fußverkehr kaum ausreichend.

Von den anwesenden Politikern werden unterschiedliche Lösungen dafür offeriert: Grüne, SPD und Linke fordern, kurzfristig Pop-Up Radwege einzurichten, bis ein Straßenumbau erfolgen kann. CDU und FDP verweisen auf den Bedarf für den MIV und möchten Radfahrende auf alternativen Routen sehen.

Nach dieser ersten Fragerunde bat der Moderator die ParteienvertreterInnen, ihre mittel- und langfristigen Verkehrskonzepte für Reinickendorf vorzustellen.

  • FDP: ÖPNV ausbauen, U8 ins Märkische Viertel verlängern (kein Flächenverbrauch), Auto-Parkhäuser bauen, Kieze mit Radrouten verbinden
  • SPD: vermeiden – verlagern – verträglich gestalten. ÖPNV ausbauen, U8 bis zur Heidekrautbahn verlängern, Infrastruktur so gestalten, dass Verkehr vermieden wird.
  • Linke: ÖPNV ausbauen: Tram statt U-Bahn ist schneller realisierbar und kostengünstiger. Sichere Radverbindungen. Verbindliche Ziele vereinbaren zum Ausbau der Infrastruktur.
  • Grüne: ÖPNV ausbauen Taktzeiten der S-Bahn erhöhen, Radverkehrsnetz vorantreiben, Kiezbusse als Zubringer zur Schiene, Kiezblocks für höhere Wohnqualität.
  • CDU: ÖPNV ausbauen, U8 ins Märkische Viertel verlängern, Car-Sharing anbieten, E-Mobilität vorantreiben, Machbarkeitsstudie umsetzen.

Aus dem Publikum kamen kritische Kommentare dazu:

  • E-Autos sind nicht ökologisch und lösen nicht das Platzproblem.
  • Das BA nutzt die Vorgaben aus dem Mobilitätsgesetz als Ausrede für seine Untätigkeit.
  • Die Radabstellanlage am Bahnübergang Gorkistraße ist deplaziert. Die Stadträtin ignorierte entsprechende Hinweise aus dem Mobilitätsrat.
  • Städte wie Groningen, Kopenhagen, Pontevedra, Houten zeigen, wie es geht.

In der anschließenden zweiten Fragerunde ging es um den Waidmannsluster Damm. Die Verbindung zwischen Tegel und Waidmannslust war Gegenstand der Machbarkeitsstudie. Diese kam zu dem Ergebnis, dass der Waidmannsluster Damm gegenüber einer Route durch den hügeligen Steinbergpark für Radelnde zu bevorzugen sei. Auf die Frage, wann diese Erkenntnis umgesetzt wird legt sich keine der Parteien fest.

Abschließend erteilt der Moderator jeder Partei nochmal das Wort für ein 1-minütiges Statement.

Mit der Übergabe eines Forderungspapiers des ADFCs an die Parteien endet die Veranstaltung um 16:15h.

Obwohl nicht alle Publikumsplätze belegt waren, kann die Veranstaltung als Erfolg angesehen werden. Die Moderation war souverän, die Technik funktionierte einwandfrei und das Publikum zeigte sich am Thema interessiert und diskutierte mit. Es wird überlegt, die Veranstaltung in einem Jahr zu wiederholen, um dann die Fortschritte in der Verkehrspolitik zu bewerten.