Lichtenrade – noch ein Geisterrad für 2020

Noch einmal ist ein Radfahrer bei einem Verkehrsunfall 2020 ums Leben gekommen; der ADFC hat für ihn am 08.01.2021 ein Geisterrad aufgestellt.

Am 15.12.2020 hatte ihn ein Lkw-Fahrer in Lichtenrade an der Kreuzung Lichtenrader Damm / Kirchhainer Damm überfahren – der Radfahrer wollte von der Goltzstraße aus weiter in Richtung Im Domstift fahren; der Lkw-Fahrer hat ihn beim Rechtsabbiegen von der Goltzstraße in den Kirchhainer Damm schwer verletzt. Der Radfahrer ist am 04.01.2021 seinen schweren Verletzungen im Krankenhaus erlegen.

Kundgebung und #VisionZero-Fahrraddemonstration

Damit und der Aufstellung eines Geisterrads hat der ADFC Berlin e. V. des Radfahrers gedacht. Die Aktion begann mit etwa 30 Teilnehmer:innen am ADFC-Velokiez in der Möckernstraße (Kreuzberg); dabei wurde das Geisterrad zum Unfallort transportiert. Nach und nach stießen weitere Radfahrer:innen zur Demonstration.

#VisionZero-Fahrraddemonstration
(vom Velokiez nach Lichtenrade und zurück zum Verkehrsministerium)

Die Demonstration wurde am Unfallort durch eine Kundgebung und die Aufstellung des Geisterrads unterbrochen. SuSanne Grittner dankte den etwa 70 Anwesenden, die trotz des nasskalten Wetters gekommen waren. In ihrer Gedenkrede bedauerte sie den viel zu frühen Tod des Radfahrers: „65 Jahre sind heutzutage noch kein Alter.“ Ihre Anteilnahme widmete sie den Angehörigen und Bekannten des Toten, aber auch den Ersthelfern und Zeugen; alle diese Personen werden durch einen solchen Unfalltod ebenfalls traumatisiert. Den Unfallhergang wollte sie nicht beurteilen, da zuwenig Informationen bekannt seien; sie wies aber darauf hin, dass der Bereich der Kreuzung übersichtlich ist. Nach einer Gedenkminute wurde das Geisterrad aufgestellt.

Anschließend wurde die Demonstration fortgesetzt und führte zum Bundesverkehrsministerium. Auf der Abschlusskundgebung forderte Daniel Pepper (leider) zum wiederholten Mal, dass Lkw’s schnellstmöglich Abbiegeassistenten mit Kollisionserkennung und Notstopp erhalten müssten; angesichts der Tatsache, dass unachtsames Abbiegen die Hauptursache für tödliche Unfälle sind, dürfe dies nicht erst ab 2022 und ohne Notstopp vorgesehen werden. Darüberhinaus forderte er einen „Kulturwandel“ im Verkehr: Ungeschützte Verkehrsteilnehmer:innen (Rad- und Fußverkehr) müssen auch in den Köpfen der Lkw-Fahrer:innen als gleichberechtigt im Straßenverkehr wahrgenommen werden; Todesfälle dürfen nicht als unabänderliche Begleiterscheinungen gelten.

Die Situation am Unfallort

Der Unfall fand bereits am 15.12.2020 statt; genauere Berichte liegen nicht vor. Aus dem Polizeibericht geht nur hervor, dass der Lkw-Fahrer den Radfahrer, der geradeaus fuhr, beim Rechtsabbiegen erfasst und mehrere Meter mitgeschleift hatte. Von der Goltzstraße her gibt es keinerlei Radverkehrsanlage, lediglich eine vorgezogene Haltelinie an der Ampel. Trotzdem ist die Kreuzung in diesem Bereich völlig übersichtlich. Als Unfallursache ist es deshalb wahrscheinlich, dass der Lkw-Fahrer bei gleichzeitigem grünem Ampellicht den Vorrang des Radfahrers nach § 9 Abs. 3 StVO missachtete.

Die Kreuzung ist kein Unfallschwerpunkt: Unfälle der gleichen Art treten nicht gehäuft auf, auch gibt es selten Schwerverletzte oder Tote nach Verkehrsunfällen.

Hinweise

Quellenangabe zu den Fotos:
• Sicht auf die Kreuzung: Ausschnitt aus Mapillary, Autor: kartonage, Lizenz: CC BY-SA
• im Übrigen: ADFC Berlin

Polizeibericht „Radfahrer nach Verkehrsunfall verstorben“

Aufruf des ADFC

Getötete Radfahrende 2020
• Dieser Todesfall zählt statistisch zum Jahr 2020, weil der Tod innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfall am 15.12.2020 eingetreten ist.
• Nach der polizeilichen Statistik 2020 sind 18 Radfahrende im Verkehr ums Leben gekommen. Ein weiterer Radfahrer (in der Karte mit ‘a’ markiert) stand verkehrsbedingt an einer roten Ampel, als er zu Tode kam; der ADFC zählt deshalb 19 getötete Radfahrer:innen und hat für ihn ebenfalls ein Geisterrad aufgestellt.

Hinweise zu Mahnwachen und Geisterradaufstellung

ADFC-Forderungen zur Verhinderung von tödlichen Lkw-Unfällen