Geisterrad am Prenzlauer Berg

Das Geisterrad an der Greifswalder Straße / Prenzlauer Berg

Schon wieder ist eine Radfahrerin nach einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Der ADFC hat für sie am 31. Mai 2021 ein Geisterrad aufgestellt.

Am 14. Mai 2021 fuhr die 38-jährige Radfahrerin auf der Greifswalder Straße in Richtung Alexanderplatz. An der Kreuzung Greifswalder Straße/Prenzlauer Berg wurde sie von einem Betonmischfahrzeug erfasst und überrollt, dessen Fahrer auf die Straße Prenzlauer Berg nach rechts einbog. Die Radfahrerin erlitt dabei lebensgefährliche Verletzungen; am 28.05.2021 erlag sie in einem Krankenhaus ihren Verletzungen.

Mit einer #VisionZero-Fahrraddemonstration mit Kundgebung und einer Mahnwache gedachten der ADFC Berlin e.  V. und Changing Cities e.  V. der Radfahrerin.

Mahnwache und Aufstellung des Geisterrads

Bei der Mahnwache waren etwa 300 Personen anwesend, darunter viele Angehörige und Freunde der Getöteten. Lydia H. (Changing Cities) stellte in ihrer Gedenkrede zunächst die getötete Cindy als Familienmensch und naturverbunden vor und sprach von tief empfundener Anteilnahme. Ihr Tod an dieser „überdimensionierten Kreuzung“ war kein unabwendbares Unglück. Nach Abschluss der Mahnwache dürfe es kein „Weiter so“ geben: „Wir würden gerne helfen, den Schmerz zu überwinden. Aber wir können nur durch unsere Anwesenheit unsere Trauer und Anteilnahme zeigen.“

Viele Teilnehmer:innen an der Mahnwache

Nach einigen Schweigeminuten stellte der ADFC das Geisterrad am Unfallort auf. Angehörige, Freunde und weitere Teilnehmende nutzten die Gelegenheit, ihre Anteilnahme durch Kerzen und Blumen zu zeigen.

#VisionZero-Fahrraddemonstration

Das Geisterrad hatte der ADFC mit der #VisionZero-Fahrraddemonstration vom ADFC-Velokiez zum Unfallort gebracht. Bereits beim Start dieser Fahrt fuhren 60 Personen mit, bis zum Unfallort waren es 80 Radfahrer:innen. Bereits mit dieser Fahrt forderte der ADFC Berlin, dass Lkw endlich mit Technik ausgestattet werden, die solche tödlichen Kollisionen verhindern! Radfahrende und Fußgänger*innen müssen besser geschützt werden.

Nach der Mahnwache setzte der ADFC die #VisionZero-Demo mit etwa 180 Radfahrer:innen fort. Am Ziel, dem Bundesverkehrsministerium in der Invalidenstraße, waren zur Abschlusskundgebung noch etwa 140 Teilnehmer:innen anwesend.

Unfallfreie Fahrt als Pflicht von Berufskraftfahrern

Daniel Pepper (ADFC-Landesvorstand) forderte Minister Scheuer zum wiederholten Mal auf, sich über die tatsächlichen Probleme des Radverkehrs zu informieren. Bei vielen Berufsgruppen sei die Beachtung von Sicherheit eine selbstverständliche Pflicht; er nannte beispielhaft Piloten, Lokführer und Ärzte. Bei Lkw-Fahrern werde das bisher als nicht so wichtig angesehen; Daniel forderte deshalb als „erste Berufspflicht: Ich fahre unfallfrei, ich übersehe keinen Radfahrer.“ Den „toten Winkel“, der oft als Erklärung genannt wird, gibt es nicht mehr: „Wenn ihr nicht genug seht, dann weil die Spiegel nicht richtig eingestellt sind.“

In diesem Zusammenhang forderte Daniel auch von Disponenten, Chefs und Fahrern weniger Zeitdruck und mehr Sicherheit. Wenn die Menschen nicht sicher genug arbeiten, dann wird technische Unterstützung benötigt, für die auch das Ministerium Verantwortung trägt: „Abbiegeassistenten mit Kollisionserkennung und Notstopp – alles andere ist unzureichend.“

Auch im Verkehr muss voll das Verursacherprinzip gelten: „Wer Unfälle verursacht, darf nicht fahren.“ Radfahrer können und wollen sich selbst schützen, aber darum geht es bei Unfällen nicht. „Verantwortung muss von denen übernommen werden, die die Unfallverursacher sind.“

Einzelheiten zur Unfallsituation

Die Greifswalder Straße hat stadteinwärts zwei Fahrstreifen für den Kraftverkehr und einen Radstreifen. Deutlich vor der Kreuzung mit der Straße Prenzlauer Berg (rechts) und Am Friedrichshain (links) wird sie aufgeweitet auf vier Fahrstreifen; etwa die letzten 100 m vor der Ampel ist der Radfahrstreifen benutzungspflichtig und grün markiert. Es gibt keine separate Ampel für den Radverkehr oder für rechtsabbiegende Kraftfahrzeuge.

Auf diesem Radfahrstreifen war die Radfahrerin unterwegs in Richtung Alexanderplatz. Der rechte Fahrstreifen des Kraftverkehrs gilt sowohl für den Geradeaus-Verkehr als auch für Rechtsabbieger. Es gibt keinerlei Sichtbehinderungen zwischen den beiden Streifen. Beide Streifen werden hinter der Kreuzung fortgeführt.

Die einzige erkennbare Gefahrenstelle zwischen Rad- und Kraftverkehr an der Einmündung befindet sich erst in der Straße Prenzlauer Berg durch eine Baustelle, die hinter der Fußgänger-Furt beginnt; das Überholen von Fahrrädern wird durch das Verkehrszeichen 277.1 verboten.


(Fotos: ADFC Berlin – Carolina Mazza)

Polizeimeldung „Radfahrerin an den Folgen des Verkehrsunfalls verstorben“
zusammen mit dem Text der ursprünglichen Polizeimeldung vom 14. Mai 2021 und einem Zeugenaufruf

Getötete Radfahrende 2021

Hinweise zu Mahnwachen und Geisterradaufstellung

ADFC-Forderungen zur Verhinderung von tödlichen Lkw-Unfällen