Reinickendorfer Industrieradtour I 27.03.2022 (Bericht): Zwischen Eis und Einstein

Auftakt: Fabrik Adria

Auftakt in 2022: Industriehistorische Bauten erklärt

Gemeinsam mit dem Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchiv e.V. (BB-WA) veranstaltet der ADFC-Reinickendorf bereits seit mehreren Jahren geführte Radtouren zu historischen Orten der Reinickendorfer Industrialisierung.

Am 27. März trafen sich bei strahlendem Sonnenschein und noch frischen Temperaturen ca. 20 Radler, um auf Entdeckertour durch den Ortsteil Reinickendorf zu fahren. Der BB-WA hatte die Tour konzipiert und inhaltlich ausgearbeitet, während der ADFC die Radfahrenden auf sicheren und verkehrsarmen Straßen von Station zu Station geleitete.

Der Start war um 11:00 Uhr am S-Bhf Wollankstr. Die Tour führte zunächst entlang der Nordbahnstraße. Die Nordbahn wurde 1877 fertig gestellt und war eine wichtige Verbindung zwischen Berlin und Stralsund, welche die Industrialisierung Reinickendorfs stark beförderte. Danach ging es über die Kühnemannstr. zu der ehemaligen Konservenfabrik Adria , die ein Schmuckstück Reinickendorfer Industriearchitektur (1917/18 erbaut) darstellt. Der nächste Halt war vor einem Gebäude aus den 1960 er Jahren in der Provinzstr., wo durch die Glasfassade die hölzernen Gärbottiche der Firma-Essig Kühne Essig_Kühne zu sehen sind. Den Alkohol für die Essigproduktion bezog Essig-Kühne praktischer Weise aus der in unmittelbarer Nähe liegenden Monopolfabrik. Dort beeindruckte besonders das Apparatehaus, wo früher die Destillation des Alkohols stattfand, mit seiner großartigen Architektur (Bild: Monopolfabrik). Auf dem Gelände haben sich heute verschiedene Künstlergruppen niedergelassen. Von da führte die Tour über nicht Fahrrad freundliches Kopfsteinpflaster zu einer alten chemischen FabrikFabrik Theuerkauf in der Bürgerstraße, wo früher der Kohlenanzünder „Feuerfee“ hergestellt wurde. Um die Ecke in der Granatenstraße findet man die Firma Aseli Mäusefabrik Aseli, wo in der dritten Generation weiße Schaummäuse produziert werden.

Von dort ging es am alten Straßenbahndepot in der Pankower Allee Straßenbahndepot

vorbei bis zum Schäfersee. Der Name dieses Sees hängt mit der früheren Schafhaltung in diesem Gebiet zusammen und erinnert daran, dass hier vor der Industrialisierung Landwirtschaft betrieben wurde. Spuren eines heute weitgehend vergessenen Erwerbszweiges findet man nördlich des Schäfersees. Hier steht die Ruine des Maschinenhaus der ehemaligen Eisfabrik Thater.

Für die Eisgewinnung wurden große Teiche angelegt, um daraus im Winter das Eis zu schneiden.

Das nächste Ziel befand sich an der Holländerstr. in den heutigen Erlenhöfen. Hier entstand 1908 die Luxuspapierfabrik Albrecht und Meister. Unter Luxuspapier verstand man damals Postkarten und Glanzbildchen mit Glitzer. Danach zog die AEG mit ihrem Forschungsstandort ein. Heute sieht man davon noch ein schönes altes Maschinenhaus mit einem beeindruckenden Schornstein AEG _Forschungsgelände (Bild: Ehemaliger Standort AEG).

Die letzte Station der Radtour war die weiße Stadt an der Aroser Allee. Dieses Ensemble gilt als wegweisend für modernes Bauen in den 1920 er Jahren und zählt heute zum UNESCO-Welterbe. Von dort ging es nach drei erlebnisreichen Stunden zum Endpunkt am Dorfanger Alt-Reinickendorf.