Mauerweg – behindert durch die Heidekrautbahn

Plakat „Keine Umlaufsperren am Mauerweg“

Der Mauerweg ist als Rad- und Wanderweg ein wichtiges Ziel des innerstädtischen Tourismus und des Alltagsverkehrs. Bei der Heidekrautbahn soll bis 2023 die Stammstrecke zwischen Wilhelmsruh und Basdorf wieder in Betrieb gehen – eine wichtige Verbindung für Pendler:innen und den Ausflugsverkehr.

An zwei Stellen quert der Mauerweg die Bahnstrecke. Die bisherige Planung dort wird den Rad- und Fußverkehr beeinträchtigen.

Die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) plant für diese Querungen jeweils Umlaufsperren (üblicherweise als „Drängelgitter“ bezeichnet) und eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 5 km/h. Dieser Artikel befasst sich ausschließlich mit diesen Problemen.

Was vorher geschah

Seit 2000 überlegt die NEB, die Stammstrecke wieder aufzubauen (Öffentlichkeitsbeteiligung Anfang 2001 – ohne den ADFC). Seit dem 30.12.2010 gibt es einen Planfeststellungsbeschluss für den Bahnhof Wilhelmsruh, der einen neuen Bahnsteig auf Höhe der S-Bahn mit Anbindung über die alte Bahntrasse und ebenerdiger Querung des Mauerwegs vorsieht. Dieser Beschluss wurde rechtskräftig; er hätte seine Gültigkeit verloren, wenn nicht innerhalb von zehn Jahren mit den Bauarbeiten begonnen würde.

Deshalb hat die NEB im vergangenen Jahr mit genaueren Planungen begonnen, diese öffentlich vorgestellt und um Stellungnahmen gebeten. Die weiteren Anträge wollte die NEB noch vor Ende 2020 einreichen. Um den bestehenden Beschluss zu behalten, hat die NEB am 11.12.2020 öffentlich einen „Ersten Spatenstich“ am Bahnhof Wilhelmsruh durchgeführt – an einem extra angelegten Sandhaufen, u. a. mit Beteiligung von Regine Günther – und den Beginn der Bauarbeiten simuliert. Der ADFC Pankow hat dabei mit dem obigen Plakat auf eine Forderung der Umweltverbände aufmerksam gemacht.

Querung am Bahnhof Wilhelmsruh – restriktiv geplant

Laut Planfeststellungsbeschluss wird der Bahnhof selbst auf die Höhe des S-Bahnhofs verlegt; die künftige Strecke Richtung Gesundbrunnen soll per Brücke über die Kopenhagener Straße führen. Zwischen Wilhelmsruh und PankowPark führt die Strecke (blau in der Karte) von der Hochlage zum „normalen“ Gelände.

Der Mauerweg (rot in der Karte) wird auf Höhe des Bahnhofs etwas nach Nordosten verlegt und führt anschließend mit einem ebenerdigen Bahnübergang über die Heidekrautbahn zurück. Die Querung des Mauerwegs wird bei Strecken-km 0,3 liegen, also etwa 1 bis 3 Meter über der Umgebung. Geplant wird der Übergang wie folgt:

• Zur Absicherung des Fuß- und Radweges wird gemäß §  45 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) Zeichen 201 „Andreaskreuz“ und Zeichen 274 „5  km/h“ angeordnet.

• Für den Geh- und Radweg sind 3  m Breite vorgesehen (unter Bezug auf Vorschriften von 1998).

• Die Umlaufsperre soll auch von „Behindertentandems“ genutzt werden können. Sie soll im Zick-Zack den Blick der Passanten in Zugrichtung lenken.

• Mit 30 m langen Zäunen „in allen vier Quadranten“ soll ein Umfahren der Umlaufsperre verhindert werden.

Das ergibt sich z. T. aus dem Planfeststellungsbeschluss II.2.1 und Ergänzungen bei den Einwendungen (S. 35 f.) sowie aus den Ausführungsplänen. (Einzelheiten zu diesen Plänen sind nicht frei zugänglich, stehen aber in Veröffentlichungen der NEB.) Bemerkenswert ist auch: Die Restriktionen gehen zurück auf Vorschläge der Planfeststellungsbehörde, also von SenUVK.

Querung bei Lübars – vermutlich weitere Behinderung

Am Wilhelmsruher Damm und an der Quickborner Straße – jeweils mit Schranken gesichert – wechselt der Mauerweg auf die Seite östlich der Bahntrasse. Nördlich von Rosenthal, auf der Höhe des Freizeitparks Lübars am Graben 20 Blankenfelde, quert der Mauerweg erneut die Bahnstrecke. Für diesen Bahnübergang gibt es noch keine festgelegten Pläne.

Ein Planfeststellungsverfahren wird es nicht geben, weil die Bahnstrecke niemals als solche „entwidmet“ wurde. Stattdessen gibt es eine Entwurfs- und Genehmigungsplanung, die den Wiederaufbau insgesamt betrifft. Diesen Antrag wollte die NEB noch im Jahr 2020 einreichen. Für das 1. Quartal 2021 ist eine Bürgerbeteiligung vorgesehen, bevor der Bau ausgeschrieben und 2022/23 durchgeführt werden kann.

Es ist zu befürchten, dass dieser Übergang nach den gleichen restriktiven Bedingungen wie am Bahnhof Wilhelmsruh gebaut werden soll. Anders als die NEB glaubt, erhöhen Drängelgitter (und die anderen Maßnahmen) nicht die Sicherheit für den Rad- und Fußverkehr. Der ADFC muss und wird sich für Änderungen in diesem Bereich einsetzen.

Mögliche Gestaltung von Übergängen

Anscheinend sind NEB als Bahnunternehmen und SenUVK als Genehmigungsbehörde versessen darauf, den Fuß- und Radverkehr mit dieser Art von Bahnübergängen maximal zu behindern – als wenn (ähnlich wie beim Leitbild der „autogerechten Stadt“) nur der eigene Verkehr vorankommen soll und der Querverkehr nichts als ein Störfaktor ist. Dabei schreiben die maßgebenden Vorschriften keine Umlaufsperren vor, sondern legen Alternativen nahe.

Für Bahnübergänge an Geh- und Radwegen bei Nebenbahnen gelten nach § 11 EBO diese Regeln:
  • Der Vorrang des Schienenverkehrs wird durch das Andreaskreuz gesichert.
  • Bahnübergänge von Fuß- und Radwegen dürfen durch die Übersicht auf die Bahnstrecke oder durch Pfeifsignale gesichert werden. Bitte beachten: Übersicht oder Pfeifsignal genügt; es muss nicht beides vorgesehen werden.
  • Umlaufsperren dürfen angebracht werden (nicht: müssen), sind aber kein Ersatz für gute Übersicht und ggf. Pfeifsignal. Entscheidend sind gute Sichtbarkeit auf die Bahnstrecke sowie die Möglichkeit, den Übergang zügig und sicher zu queren und bei Annäherung eines Zuges schnell freizumachen.

Zusätzlich empfehlen die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) durchgehend, auf Umlaufsperren zu verzichten; es gibt keine einzige Situation (noch nicht einmal Kriterien), für die die ERA Drängelgitter empfehlen oder gar vorschreiben.

Dabei gibt es eine Reihe einfacher Möglichkeiten, um einen Bahnübergang ohne Behinderung zu sichern. (Einige sind in der folgenden Skizze zusammengefasst.)

  • Andreaskreuz (wird hier nur zur Vollständigkeit genannt)
  • für jede Richtung eine eigene Fahrspur, getrennt durch eine Leitlinie, dazu Pfeilmarkierungen (Zeichen 297 und 297.1) sowie Fahrstreifentafel mit Gegenverkehr (Zeichen 522-30)
  • auch Pfeilmarkierungen für die Gegenrichtung vorsehen zwecks zusätzlicher Aufmerksamkeit
  • zusätzlich Fahrrad-Piktogramme im Asphalt zur Verdeutlichung
  • jede Fahrspur sollte 2,50 m breit sein (mind. 2,00 m), damit Fußgänger:innen sowie Fahrer:innen von Rollstühlen oder Fahrrädern jeder Art genügend Platz haben und sich nicht gegenseitig behindern oder gefährden
  • Haltelinie am Punkt für die Sicht auf die Strecke (2,75 m ab Gleismitte); taktile Platten (Riffelung) o. ä. erfüllen den gleichen Zweck vielleicht noch besser, sind aber wegen Rutschgefahr für Radfahrer:innen nicht so günstig
  • u. U. seitliche Begrenzungen des Weges (als Hinweis für größere Aufmerksamkeit)
  • Vorwegweiser für den Bahnübergang (Zeichen 151)

Die (Un-)Sicherheit von Drängelgittern

Umlaufsperren („Drängelgitter“) an Bahnübergängen erhöhen die Sicherheit entgegen verbreiteten Meinungen nicht. Vielmehr steigern sie die Gefährdung:
  • Speziell für in Gruppen fahrende Radfahrende oder bei der Begegnung von Radfahrer:innen und Fußgänger:innen entsteht ein Unfallrisiko, z.B. durch Kollisionsgefahr.
  • Sie beeinträchtigen das zügige Räumen des Gefahrenbereichs. Dies gilt speziell für Rollstuhlfahrer:innen, Radfahrergruppen oder Radfahrer:innen mit Anhängern, erst recht bei Gegenverkehr.
  • Durch die Verengung ist eine barrierefreie Nutzung des Weges nicht gewährleistet. Nutzer von Handbikes oder anderen Spezialrädern, Radfahrer:innen mit Gepäck oder mit Kinderanhänger werden behindert oder ausgeschlossen.
  • Bei sehr geringer Geschwindigkeit (5–10 km/h) kann ein Fahrrad schwieriger gesteuert und in Spur gehalten werden.
  • Verkehrspsychologie: Wer damit beschäftigt ist, sein Fahrzeug um die Sperre herum zu manövrieren, ist vom Zugverkehr abgelenkt.
  • Für unaufmerksame Kinder sind Umlaufsperren kein Hindernis und daher auch kein Sicherheitsgewinn.
  • Der Sichtbereich, der nach den Vorschriften freigehalten werden muss, ist ohne Umlaufsperre geringer und kann deshalb einfacher gewährleistet werden.

Immer wieder kommt es zu schweren, auch tödlichen Unfällen, weil Verkehrsteilnehmer:innen wegen einer Umlaufsperre das Gleis nicht zügig und problemlos queren und räumen können.

An allen Querungen für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen muss deshalb auf solche Sperren verzichtet werden. (Ein Beispiel für eine besonders unangemessene Umlaufsperre zeigt das Plakat am Anfang dieser Seite.)

Notwendige Maßnahmen

Für die Querung des Mauerwegs auf Höhe Lübars muss die Öffentlichkeitsbeteiligung intensiv genutzt werden: Die Planung ist zu kritisieren, Alternativen sind vorzuschlagen. Wenn möglich, sollte bereits dafür juristische Hilfe in Anspruch genommen werden, damit die Einwendungen nicht nur nach Art von Laien und Lobbyisten formuliert werden, sondern dem Denken von Verwaltungsjuristen entsprechen. All das sollte auch öffentlich vertreten werden.

Für die Querung am Bahnhof Wilhelmsruh ist „der Zug abgefahren“, auch wenn die Art der Nebenquerung nur zu den Nebenbestimmungen gehört. Andererseits gelten keine Regelungen „auf ewig“. Bei neuen Erkenntnissen oder anderer Gewichtung müssen Änderungen möglich sein. Die obigen Erläuterungen zu Vor- und Nachteilen von Umlaufsperren müssen auch bei den Behörden zum Allgemeinwissen werden.

Wir hoffen, dass nicht erst ein Unfall zum Umdenken und Umbau führen muss.

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