Geisterrad in der Frankfurter Allee

Erneut ist eine Radfahrerin bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Der ADFC hat für sie am 28. Mai 2021 ein Geisterrad aufgestellt.

Am 27. Mai 2021 fuhr die 37-Jährige auf der Frankfurter Allee (Friedrichshain) auf dem Radweg aus Richtung Voigtstraße in Richtung Samariterstraße. Auf Höhe des U-Bahnhofs versperrte ihr ein Geldtransporter, der auf dem „Pop-up-Radweg“ stand, den Weg. Als sie diesem Transporter ausweichen wollte, wurde sie von einem in gleicher Richtung fahrenden Sattelzug erfasst und überrollt; sie verstarb noch am Unfallort.

Mit einer #VisionZero-Fahrraddemonstration mit Kundgebung und einer Mahnwache gedachten der ADFC Berlin e. V. und Changing Cities e. V. der Radfahrerin.

Mahnwache und Aufstellung des Geisterrads

An der Mahnwache nahmen über 300 Personen teil. In seiner Gedenkrede ging es Dirk von Schneidemesser (Changing Cities) zunächst darum, den Angehörigen Beileid auszusprechen und Solidarität zu zeigen. Er betonte, dass dies nicht reiche. Mobilität bedeute Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. „Sicherzustellen, dass wir sicher ankommen, ist Aufgabe der Gesellschaft. Wenn drei Minuten Zeitersparnis wichtiger sind als Menschenleben, dann sind wir in unserer Aufgabe gescheitert.“

Schweigeminuten bei der Gedenkrede

In seine Gedenkrede fügte Dirk einige Schweigeminuten ein. Anschließend stellte der ADFC das Geisterrad auf; dazu wurden Kerzen und Blumen abgelegt.

#VisionZero-Fahrraddemonstration

Das Geisterrad hatte der ADFC mit der #VisionZero-Fahrraddemonstration vom ADFC-Velokiez zum Unfallort gebracht. Bereits beim Start dieser Fahrt fuhren 40 Personen mit, bis zum Unfallort waren es 70 Radfahrer:innen. Mit der #VisionZero-Demo bekräftigt der ADFC das Ziel der Berliner Politik, dass sich im Stadtgebiet keine Verkehrsunfälle mit schweren Personenschäden mehr ereignen.

Das Motto #VisionZero auf der Mahnwache

Nach der Mahnwache setzte der ADFC die #VisionZero-Demo mit etwa 250 Teilnehmenden fort. Ziel waren zunächst die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) und abschließend das Rote Rathaus.

Platz, Respekt und Rücksichtnahme

Bei einer Zwischenkundgebung vor SenUVK wehrte sich Christiane H. (STG Friedrichshain-Kreuzberg) gegen den ständigen Dreiklang „Rad – Lkw – Tod“. Bei diesem Unfall war die Radfahrerin dem Radweg gefolgt und war vom Sattelzug überrollt worden, weil sie auf dem Radstreifen einem dort stehenden Geldtransporter ausweichen musste. „Ein Radstreifen ist kein Mehrzweckstreifen, er ist nicht zum Halten, Parken, Laden eingerichtet. Jeder Fahrzeugführer, jede Autofahrerin, die dies missachtet, provoziert ein Ausweichmanöver und erhöht das Risiko für die Radfahrenden.“

In gleicher Weise verweigerte SuSanne Grittner (ADFC) bei der Abschlusskundgebung vor dem Roten Rathaus, an der noch etwas über 150 Radfahrende anwesend waren, das Verständnis dafür, dass Kraftfahrzeuge auf dem Radstreifen stehen. In der konkreten Situation hatte der Fahrer des Werttransporters sogar das Recht dazu. Aber das führt genauso zur Gefährdung der Radfahrenden. „Sondererlaubnisse, dass bestimmte Fahrzeuge auf Geh- oder Radwegen stehen dürfen – weg damit!“

Die Kundgebung vor dem Roten Rathaus

Der ADFC fordert, dass konsequent gegen die gefährliche Blockierung von Radverkehrsanlagen vorgegangen wird. Dazu ist es auch notwendig, dass endlich die Strafen hierfür erhöht werden.

Die Situation im Bereich der Unfallstelle

Der Radweg verläuft in der Frankfurter Allee überwiegend als Hochbord-Radweg auf gleicher Höhe wie der Gehweg. Am U-Bahnhof Samariterstraße führte das immer wieder zu Problemen – schmaler Gehweg, schmaler Radweg, querende U-Bahn-Fahrgäste. Der Bezirk hat deshalb einen „Pop-up-Radweg“ eingerichtet, sodass der Radverkehr vor dem U-Bahn-Eingang auf die Fahrbahn (auf die ehemalige Parkspur) geführt wird. Unmittelbar an der Abfahrt gibt es zum Schutz vor dem Kraftverkehr Baken. Zwei Ampeln später an der Proskauer Straße endet der „Pop-up-Radweg“, der Radverkehr wird als Hochbord-Radweg fortgeführt.

Radfahrende müssen also zunächst den Richtungswechsel vom Hochbord auf die Fahrbahn beachten. Direkt danach könnten Fußgänger:innen vom Gehweg oder von der U-Bahn aus die Fahrbahn queren. Dahinter stand der Werttransporter, nur wenige Meter nach dem Richtungswechsel. Eine weitere Trennung zwischen Rad- und Kraftverkehr soll jetzt eingerichtet werden; wegen der Parktaschen ist keine durchgehende Trennung vorgesehen.


(Fotos: ADFC Berlin – Carolina Mazza, Jürgen Thomas)

Polizeimeldung „Fahrradfahrerin verstarb am Unfallort“

Polizei beschlagnahmt Kameraaufnahmen aus dem Sattelschlepper
Tagesspiegel-Artikel mit Skizze zur Situation an der Unfallstelle

Die Strecke aus Sicht eines Radfahrers (mapillary-Aufnahme)

Getötete Radfahrende 2021

Hinweise zu Mahnwachen und Geisterradaufstellung